... EXPO.02 im drei-seen-land ... |
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(Herzlichen Dank an Franky "fra" Ablinger für die Korrektur und zusätzlichen Text!) | |
Die Region - Das Drei-Seen-Land: Die expo.02 war zu Gast in einer Kulturlandschaft, die stark von menschlichen Eingriffen geprägt ist, in der aber auch neue naturnahe Räume geschaffen wurden. Diese Gebiete stehen heute unter Naturschutz.
Bieler-, Murten-, und Neuenburgersee, miteinander verbunden durch die Kanäle Broye und Zihl, sind in eine malerische, von Winzerndörfern gesäumte Hügellandschaft eingebettet. Ein Land zweier Sprachen und fruchtbar, so weit das Auge reicht. Das Drei-Seen-Land ist der grösste Gemüsegarten der Schweiz. Von über 800 Familienbetrieben werden auf 2000 ha mehr als 60 verschiedene Frisch-, Lager-, und Konservengemüsesorten angebaut. Für 159 Tage war die Drei-Seen-Region Mittelpunkt des Landes und hat die restliche Schweiz und das Ausland an ihrer sympathischen Mischung aus moderner Infrastruktur und älplerischer Idylle teilhaben lassen.
Die fünf Arteplages: Der für die expo.02 kreierte Begriff "Arteplage" setzt sich aus den französischen Wörtern für "Kunst" und "Strand" zusammen und beschreibt treffend die Lage der expo.02. Die vier festen Arteplages befanden sich in den Expo-Städten Biel, Murten, Neuenburg, und Yverdon-les-Bains. Die fünfte, mobile Arteplage ist ein auf den drei Seen und Verbindungskanälen kreuzendes Schiff. Sie vertritt den Kanton Jura. Alle Arteplages standen unter einem Thema: "Macht und Freiheit" (Biel-Bienne), "Augenblick und Ewigkeit" (Murten-Morat), "Natur und Künstlichkeit" (Neuchatel), "Ich und das Universum" (Yverdon-Les-Bains) und "Sinn und Bewegung" (Arteplage Mobile du Jura).
Die Austellung: Die expo.02 war über ein Gelände von nahezu 80 km Länge verteilt und erstreckt sich längs des im Ausland gerne spöttisch genannten "Röstigrabens", also der Trennlinie zwischen deutsch- und französischsprachigen Kantonen. Sie umfasst fünf Kantone, vier Städte, drei Seen, zwei Sprachen, ist aber dennoch nur eine Landesausstellung. Die fünf Kantone sind übrigens Bern, Neuchchatel, Waadt, Freiburg und Solothurn. Die vier Städte: Biel, Murten, Neuenburg und Yverdon-les-Bains. Die drei Seen: Bieler, Neuenburger und Murtensee. Die zwei Sprachen: Deutsch und Französisch. Und das ganz ohne "Röstigraben", weshalb man statt "Neuenburg" ja auch "Neuchatel" sagt, statt "Biel" auch "Bienne".
Die Infrastruktur war - typisch für die Schweiz - hervorragend. Die grosse räumliche Verteilung war für niemanden ein Problem. Sonderzüge mit eigens errichteten Bahnhöfen führen zu allen Arteplages, riesige Parkplätze im Umfeld mit hervorragender Beschilderung, hektargross mit Holz ausgelegten und mit Rindenabfällen bestreute Parkgelände mit Einweisern, Zubringerdiensten und behindertengerechten Toiletten für die vorwiegend aus dem Ausland stammenden Gäste mit Automobil. Ein witterungsabhängiges Leitsystem mit vier Farben, das täglich in der "Tagesschau" ankündigte, wieviel am nächsten Tag geöffnet wäre. Leihräder, mit denen man die Reise zwischen den Arteplages in der wunderschönen Sommerlandschaft des Drei-Seen-Gebietes geniessen konnte. Eigene Expo-Packages der Hotelbetriebe an den beteiligten Orten, bei denen das Gepäck von einem Hotel zum nächsten transportiert wurde, damit man an jedem Tag eine andere Arteplage erwandern konnte.Und schliesslich die Tatsache, dass die expo.02 ganz plötzlich erschien und ebenso plötzlich wieder verschwunden ist. Die einzige Nachhaltigkeit der milliardenschwerden Ausgaben findet in den Köpfen der Besucher statt. Ein Luxus, den sich wohl nur die Schweiz gönnen kann, wie ich als neidischer Ausländer bewundernd anmerken darf.
Wenn es eine Tradition der Schweizer Landesausstellungen geben sollte, so ist es wahrscheinlich das Zaudern, Verschieben, Anzweifeln. Jede Landesausstellung war umstritten und selbst die legendäre "Landi 1939" musste mehrfach verschoben werden. Von der Weltausstellung 1851 in London inspiriert, hatte die Schweiz 1883 die erste offizielle Landesausstellung. Jener von 1857 in Bern ist diese Bezeichnung verwehrt geblieben, denn nicht alle Kantone waren dabei. Obwohl die Ausstellungen viele Gemeinsamkeiten zeigten, entwickelte jede doch ihren eigenen Charakter, hatte jede der teilnehmenden Städte ihren eigenen Charme. Immer aber waren die Landesausstellungen ein Spiegel der Gesellschaft. Mehr zur geschichtlichen Entwicklung der Schweizer Landesausstellungen:
Zürich 1883: Kein Patentschutz
Die Eröffnung des Gotthard-Tunnels ein Jahr zuvor bildete den historischen Rahmen für die erste Landesausstellung auf dem Areal des Platzspitz in Zürich. Den Besuchern wurde eine aufstrebende Industrienation präsentiert. Viele Produzenten hielten sich allerdings unfreiwillig zurück, obwohl sie gerne ihre Entwicklungen und Erfindungen präsentiert hätten. Das Land kannte keinen Patentschutz. Jedes ausgestellte Stück hätte kopiert werden können. Dennoch trafen sich hier die Vertreter ganzer Berufszweige erstmals auf nationaler Ebene. Die Ausstellung in Zürich stand für die Gründung so manchen Berufsverbandes Pate.
Genf 1896: Eine Expo und zwei Dörfer
Die Romands nutzten die zweite Landesausstellung um sich der deutschen Schweiz zuzuwenden. Erstmals nahmen sie nicht nur Paris als ihr einziges kulturelles Zentrum wahr. Gleichzeitig verdeutlichte ein Streik beim Bau des "Village Suisse" die wachsende soziale Kluft im Land. Die Spannungen zwischen der modernen und der ländlichen Schweiz traten auch im Streit um die Kunst zutage. Noch musste ein unbekannter Maler mit dem Namen Ferdinand Hodler klein beigeben. Vermochte die Illusion des "Village Suisse" und des "Village noire" die wahren Probleme des Landes zu überdecken, die schon beim Bau der Landesausstellung offen zu Tage traten?
Bern 1914: Vom Krieg geprägt
Die Landesausstellung auf dem Neufeld in Bern war typisch, denn sie war sehr umstritten. Die Romands fanden die Architektur zu deutschorientiert. Sie hätten statt eines realistischen Dörflis, welches das Landleben zeigte, lieber wieder das eher folkloristische "Village Suisse" gehabt. Besonders erhitzt war die Diskussion um das Ausstellungsplakat von Emil Cardinaux. Es zeigte einen fahnentragenden Jüngling auf einem grünen Pferd. Dies sei die reinste Hodlerei. Ferdinand Hodler war inzwischen Millionär und bei Kunstfragen ein einflussreicher Mann. Alle Streitereien waren nach dem 1. August, dem Tag der Mobilmachung vergessen. Die Schweiz rückte an der Landesausstellung zusammen.
Zürich 1939: Die Landi als Fest der Schweiz
Sie war wohl die Königin der Landesausstellungen. Der Krieg zeichnete sich deutlich ab und die Landi bot eine wichtige Gelegenheit, die Schweiz vor der scheinbaren Übermacht zu einen. Dieser Aufgabe war sich Armin Meili, der Landi-Direktor bewusst. Besonderheiten an dieser Ausstellung waren die Höhenstrasse, der Schifflibach und das Landidorf. Auf der Höhenstrasse wurden die Besucher auf die kommende, schwierige Zeit vorbereitet. Sie war so aufgebaut, dass sich die Stimmung immer mehr steigerte und Vertrauen und Optimismus weckte. Übrigens war auch die Landi 1939 umstritten. Bis es soweit war, musste sie mehrmals verschoben werden.
Lausanne 1964: Fahrt in die Tiefen des Genfersees
Der Clou der Expo war eine Fahrt mit dem Mesoscaphe in die Tiefen des Genfersees. Als Hommage an Lausanne war das rostende Unterseeboot an der Arteplage Murten der expo.02 zu sehen. In Lausanne präsentierte sich eine moderne Schweiz. Die Fortbewegungsmittel waren Monorail und Telekanapee, die über den Köpfen der Fussgänger fuhren. Ein umstrittenes Projekt war "Gulliver", die erste soziologische Umfrage der Schweiz, die an der Expo realisiert werden sollte. Die sehr ausführlichen Fragen einer Voruntersuchung über Kommunismus, Emanzipation, europäische Integration und Armee wurden so unverblümt ehrlich beantwortet, dass sie entschärft werden mussten.
Ein paar mal verschoben, die Nation in Befürworter und Widersacher gespalten, etwa eineinhalb Milliarden CHF verschluckt, jegliche Budgets überzogen, der Abbau nicht finanzierbar. Aber immerhin: ein wunderschöner Spiegel der Gesellschaft, ehrlich und umfassend. Vertreten waren Befürworter wie Gegner. Mythos und Gegenwart. Traum und Realität. Aus der Vergangenheit in die Zukunft. Die Schweizer können mit Recht stolz sein (insbesonderes auf die Wahrzeichen der Arteplages: den Monolith im Murtensee, die Wolke in Yverdon, die Türme in Bienne und die Kieselsteine in Neuchatel...). Die Ausstellung war bis ins Kleinste durchdacht: Nicht einmal Müllcontainer waren ohne Sinn und Message. Was wird wohl auf der expo.40 als Hommage an die expo.02 zu sehen sein? Der Monolith oder einer der Müllcontainer... ?
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